Dringender Aufruf bezüglich schwerstkranker Häftlinge und Strafgefangene in den türkischen Gefängnissen

Nach den offiziellen Angaben des türkischen Justizministers Bekir Bozdag vom 2. Dezember 2013 sind in den 13 Jahren über 2300 Untersuchungshäftlinge und Strafgefangene in den türkischen Gefängnissen gestorben. Die wachsende Zahl von Untersuchungshäftlingen und Strafgefangenen, die in türkischen Haftanstalten schwerst erkrankt sind und erkranken, zeigt, dass das Recht auf Leben nicht gewährleistet und sie einer Bedrohung ausgesetzt sind. Türkische Gefängnisse sind unter der Aufsicht des Staates zu Orten verkommen, an den das Recht auf Leben faktisch aufgehoben ist. Nach Untersuchungen des Menschenrechtsvereins (IHD-Insan Haklari Dernegi) und der Menschenrechtsstiftung der Türkei aus dem Jahr 2013 sind 544 Häftlinge und Strafgefangene sind schwerst erkrankt. Bei 163 Gefangenen ist der Zustand sehr ernst und sie werden in Todestrakten gehalten, anstatt behandelt zu werden.

Nach dem türkischen Strafvollzugsgesetz ist die Freilassung schwer erkrankten Gefangene gesetzlich vorgeschrieben. Darin heißt es: „Wenn aufgrund einer schweren Behinderung oder Krankheit das Leben des Gefangenen durch die Inhaftierung bedroht ist, kann die Haftstrafe ausgesetzt werden, soweit festgestellt wird, dass der Gefangene keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt.“

Weiterhin ist nach diesem Gesetz die Haftfähigkeit eines Gefangenen an die Beurteilung durch Gerichtsmediziner gebunden. Die Gerichtsmediziner haben darüber zu befinden, ob die erkrankte Person in Haft bleiben kann oder nicht. Damit ist die Freilassung an eine unglaubliche subjektive Bedingung gekoppelt, da gerade die Gerichtsmedizin dafür bekannt ist, dass sie die Folter in der Haft verdeckt.

Schon die Erhaltung eines solchen Berichts der Gerichtsmedizin stellt für sich eine Foltermethode dar. Durch eine unzumutbare Beanspruchung der erkrankten Untersuchungshäftlinge und Strafgefangenen nach einem zermürbenden und langwierigen Prozedere, wie die schlecht funktionierende Bürokratie, die schleppende Arbeitsweise der Zuständigen, die schonungslose Beförderung mit Militärtransportmitteln, sowie die Behandlung während dieser Phase in der Krankenstation in den Gefängnissen werden die Berichte der Gerichtsmedizin erteilt. Selbst wenn diese Phase überstanden ist, wird die Freilassung von gelähmten, krebskranken Strafgefangenen, die sich selbst nicht versorgen können, mit der Begründung der Staatsanwälte verhindert, sie würden eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen.

Obwohl der türkische Staatspräsident Abdullah Gül gesetzliche die Befugnis hätte einzugreifen, bleibt er tatenlos. Die Regierung verweist auf die politische und bürokratische Strukturierung der Gerichtsmedizin und versucht sich der Verantwortung zu entziehen.

Bei der Vorgehensweise des türkischen Staats an erkrankten Strafgefangenen, die sich am Rande des Todes befinden, drängt sich der Verdacht auf, dass er sich von Rachegedanken leiten lässt und Krankheiten als eine Ersatzstrafe verwendet werden. Beim genauen Hinsehen offenbart sich, dass die Todesstrafe auf diese Art aufrecht gehalten wird.

Auch wenn die politische Tagesordnung der Türkei mit einer Fülle von Themen belegt ist, darf nicht zugelassen werden, dass die Situation der Untersuchungshäftlinge und Strafgefangenen in Hintergrund bleibt und sich weiterhin verschlechtert. Es wird ein faires Verfahren gefordert und noch wichtiger ist es, dass die erkrankten Untersuchungshäftlinge und Strafgefangenen sofort freigelassen werden.

Wir Mitglieder des Vereins MAF-DAD rufen insbesondere Menschenrechtsorganisationen und alle interessierten Menschen auf, dem Thema die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken und sich mit der Forderung die Freilassung von erkrankten Gefangenen zu veranlassen, an die türkische Regierung zu wenden.

MAF-DAD Vorsitzende

Heike GEİSWEİD